Die Drosselung kommt. Schon im Mai wird die vor rund einem Monat bekannt gewordene Überlegung zur bitteren Realität. Beim Erreichen eines tarifabhängigen Volumens, soll die verfügbare Datenübertragungsgeschwindigkeit drastisch reduziert werden können. Eine mehrjährige Gnadenfrist wird jedoch den Rückschritt vom Flatrate- zum Volumenmodell begleiten.
Grenzenloses surfen per DSL und VDSL bald Geschichte?
Mit dieser Entscheidung stellt sich die Deutsche Telekom sehenden Auges einem Proteststurm. Schon die Offenbarung, dass überhaupt über eine solche Maßnahme nachgedacht wird, hat für eine Unzahl weitgehend negativer Kommentare gesorgt. Doch auf der anderen Seite müssen auch ernsthafte Probleme bei der Kapazität der Breitbandinfrastruktur in Betracht gezogen werden. Denn nur aus reiner Gewinnmaximierung wird eine solch kontroverse Handlung nicht durchgeführt. Die Telekom setzte dabei auf einen sanften Übergang: Jetzt werden alle Tarife bloß mit entsprechenden vertraglichen Klauseln versehen. Die tatsächliche Geschwindigkeitsbremse soll dann erst bei Bedarf greifen. Das kann früher oder eben später geschehen, wann weiß keiner.
Die Umsetzung der Internetbremse im Detail
Nach Schätzungen der Telekom, wird die technische Umsetzung der Drossel in 2016 beginnen. Doch diese Aussage ist flexibel – steigt das Datenvolumen in den Netzen schneller an, als die Experten prognostizieren, wird auch früher gedrosselt. Denn bis in drei Jahren wird mit einer Vervierfachung der übertragenen Datenmenge kalkuliert. Die Lösung, um allen ein vergleichbares Erlebnis im Netz zu ermöglichen, sind „Highspeed-Volumen wie im Mobilfunk“. Ab dem 2. Mai werden alle Neubuchungen bei Call & Surf Tarifen mit VDSL und den Glasfaser-Anschlüssen, das heißt bestehende Verträge sind nicht betroffen, wie folgt modifiziert:
Tarife bis 16 MBit/s: 75 GB (Volumen)
Tarife bis 50 MBit/s: 200 GB
Tarife bis 100 MBit/s: 300 GB
Tarife bis 200 MBit/s: 400 GB
Ist das Volumen verbraucht, sinkt die Übertragungsrate auf 384 KBit/s. Bei Bedarf können jedoch zusätzliche Pakete gebucht werden, welche die Beschränkung wieder entfernen. Michael Hagspihl, Geschäftsführer Marketing der Telekom Deutschland, verteidigt das Volumenmodell: „Wir wollen den Kunden auch in Zukunft das beste Netz bieten und dafür investieren wir weiterhin Milliarden. Immer höhere Bandbreiten lassen sich aber nicht mit immer niedrigeren Preisen finanzieren. Den Kunden mit sehr hohem Datenaufkommen werden wir in Zukunft mehr berechnen müssen.“ Im Schnitt verbraucht ein Telekom-Kunde 15 bis 20 GB – laut Telekom. Das kann durchaus sein, nur werden in der Durchschnittsbetrachtung sicher viele Wenignutzer die Zahl erheblich glätten. Wer „normal“ surft, hin und wieder Onlinevideotheken nutzt und auch gern mal was herunterlädt, kommt im Monat schnell auf 40-50 GB. Teilen sich dann noch mehrere Familienmitglieder den Anschluss, sind 100-200 GB durchaus erreichbar und können heute durchaus als praxisnah bezeichnet werden. Zudem führt die Aussage die Pläne ad absurdum finden wir. Wenn der Durchschnitt nur bis zu 20 GB verbraucht, wozu dann die Drosselungspläne? Nach der Logik träfe man ja eh nur einen geringen Prozentsatz der Powersauger und die blockieren das Netz bestimmt nicht!? Von daher glauben wir nicht so recht an die 20GB-Theorie. Wer übrigens selbst mal seinen Verbrauch pro Monat bestimmen will, erfährt hier wie das geht.
Internetfernsehen zählt nicht zum Volumen
Der IPTV-Dienst Entertain wird nicht auf das monatliche Datenvolumen angerechnet. Auch IP-basierte Sprachtelefonie bildet eine Ausnahme. Hagspihl erklärt: „Mit Entertain buchen die Kunden Fernsehen, deshalb werden wir sicherstellen, dass sie nicht plötzlich vor einem schwarzen Bildschirm sitzen“. Gesondert bezahlte Dienste fallen also vernünftigerweise nicht unter das Limit.
Wie geht’s weiter?
Das ist die große Gretchenfrage. Sollte die Praxis in die Realität umgesetzt werden, könnte man den Anbieter wechseln, oder? Schließlich bieten auch Vodafone, O2 und 1&1 VDSL an!? Wir fürchten allerdings, das andere dann dem Vorbild folgen werden, so dass dies nicht viel bringen wird. Von daher raten wir vorerst „Abwarten und Tee trinken“ – dieses Jahr wird die Drosselung aller Wahrscheinlichkeit noch nicht aktiviert…
Update
Schon einem Tag nach der Pressemeldung gab es Gerüchte, dass auch Vodafone dem Beispiel folgen könnte. Laut golem.de berichtete ein Vodafone-Insider darüber, dass bereits Gespräche geführt würden. Das Dementi des Unternehmens folgte prompt. Nur glauben können wir dies nicht so recht. Denn ohne eine Absprache mit anderen führenden Anbietern, wie Vodafone oder Kabel Deutschland, könnte die Telekom einen solchen Schritt im Alleingang kaum unternehmen. Das würde wahrscheinlich den wirtschaftlichen Exitus einläuten. Ohne eine Gewissheit, dass andere dem Beispiel folgen, wäre die Ankündigung wahrscheinlich nicht erfolgt. Man kann also davon ausgehen, dass sich in einigen Jahren die Praxis branchenweit durchsetzen wird.
Weiterführendes
» Alle wichtigen Details zur Drosselung
» Simulieren Sie in 2 Minuten die Drosselung bei sich – so gehts
Quelle und Bild: Deutsche Telekom
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