„Eine ADSL-Verbindung ist für die Meisten ausreichend“ – Interview mit Alice-Sprecherin Sonja Schaub


Es war eines der großen Themen der CeBIT, und das zu Recht: Der Breitbandausbau. Kann der Breitbandhunger gestillt werden? Mittels welcher Technologie kann dies am effizientesten und effektivsten passieren? Werden Funklösungen über kurz oder lang das Mittel der Wahl? Darüber und über vieles mehr sprachen wir mit Sonja Schaub, Sprecherin des Internetanbieters HanseNet, bekannt vor allem durch die Marke Alice.

VDSL-Tarifvergleich.de: Vielen Dank für dieses Interview. Frau Schaub, Breitbandinternet ist längst zum wichtigen Wirtschaftsfaktor avanciert – als wie wichtig schätzen sie dies ein?

Sonja Schaub: Experten erwarten, dass der TK- & Breitbandinternetbereich künftig einer der wichtigsten Wachstumstreiber des Dienstleistungsstandortes Deutschland ist.

VDSL-Tarifvergleich.de: Schauen wir über die Grenzen - ist Deutschland Vorreiter oder Nachzügler in Sachen VDSL?

Sonja Schaub: Die Märkte sind hier schwierig zu vergleichen. Aktuell sehen wir noch eine eingeschränkte Nachfrage seitens der Kunden in Deutschland, da ADSL2+ für das gängige Nutzungsverhalten oft ausreichend ist.

VDSL-Tarifvergleich.de: Sind die Fördermaßnahmen der Bundesregierung im Hinblick auf die schnelle Realisierung flächendeckend schnellen Internets aus ihrer Sicht ausreichend?

Sonja Schaub: Ja. Durch die Versteigerung der LTE-Lizenzen und die Ausbauverpflichtungen sind notwendige Maßnahmen zur Flächendeckung angeschoben worden. Dies wird zeitnah zum erwünschten Erfolg führen.

VDSL-Tarifvergleich.de: Die Deutsche Telekom spricht immer wieder davon, dass sie die „Lasten“ des Breitbandausbaus nicht allein zu tragen habe. Pure Stimmungsmache gegen die Konkurrenz?

Sonja Schaub: Der Ausbau der LTE-Netze in den weißen Flecken mit den 800-Megahertz-Frequenzen aus der Digitalen Dividende wird von drei Wettbewerbern parallel angegangen. Darüber hinaus zeigt eine vom VATM jährlich veröffentlichte Marktstudie, dass die alternativen Wettbewerber seit Jahren gemeinsam ein höheres Investitionsvolumen haben als die Deutsche Telekom.

VDSL-Tarifvergleich.de: Wie hoch schätzen sie die Nachfrage der Wirtschaft und Privatleute nach VDSL-Verbindungen ein?

Sonja Schaub: Aktuell ist eine ADSL-Verbindung für die meisten Privatkunden ausreichend. Es wird spannend zu sehen, welche Angebote die Verfügbarkeit höherer Bandbreiten nach sich zieht.

VDSL-Tarifvergleich.de: Auch von ihrer Seite kommt immer der Vorwurf, die Deutsche Telekom sei immer noch quasi Monopolist, ihr wird Wettbewerbsverzerrung und zu hohe Durchleitungsgebühren zur Last gelegt. Wie können sie das untermauern?

Sonja Schaub: Der Telekommunikationsmarkt ist weit fortgeschritten und jeder Wettbewerber besetzt eine Vielzahl von Geschäftsmodellen. Kooperationen werden immer wichtiger. Insofern haben wir mit nahezu jedem Wettbewerber gemeinsame Interessen und andererseits Themenfelder, in denen wir unterschiedlicher Meinung sind. Letzte Punkte werden in der Regel in sachlichen Verfahren mit der Bundesnetzagentur gelöst. Das betrifft klassisch Entgeltverfahren wie die Entgelte für die Teilnehmeranschlussleitung. Zurzeit werden z.B. diese Entgelte wieder von der Bundesnetzagentur überprüft. Wir würden uns deutliche Senkungen wünschen, da die Kosten der Deutschen Telekom deutlich unter den heutigen 10,20 € liegen. In Spanien beträgt die monatliche TAL-Miete zum Vergleich lediglich 7,79 €.

VDSL-Tarifvergleich.de: Gerade kleine Anbieter machen mit „Sammelaktionen“ von sich reden. Sind genügend Anträge gestellt, werden auch kleine Gemeinden mit Glasfaser versorgt, in der die „Großen“ das bisher nicht geschafft haben. Warum?

Sonja Schaub: Beim Ausbau von Festnetz beginnt die Entwicklung aufgrund der niedrigen Kosten pro Kunden tatsächlich in den Ballungszentren und dehnt sich dann in die Regionen aus. Bei LTE verhält es sich durch die entsprechenden Ausbauverpflichtungen genau umgekehrt. Hier werden zunächst die ländlichen Gebiete versorgt.

VDSL-Tarifvergleich.de: Der Ausbau der Glasfaserleitungen wird vor allem im Bereich FTTB und FTTH immer weiter forciert. Für wen lohnt sich solch eine Anbindung?

Sonja Schaub: Die Lösung für alle wird hier in Kooperationsmodellen von Netzbetreibern liegen, da die Investitionen für einzelne Anbieter zu hoch sind.

VDSL-Tarifvergleich.de: Wie hoch kann der Breitbandhunger noch steigen? Ist ein Limit in Sicht oder werden stetige Erweiterungen notwendig sein?

Sonja Schaub: Sicherlich wird der Hunger nach Bandbreite auch künftig noch zunehmen. Bis zu welchem Limit dies weitergeht, das ist heute nicht absehbar und hängt sicherlich auch mit den Anwendungen und dem damit einhergehenden Bandbreitenbedarf zusammen.

VDSL-Tarifvergleich.de: Sind Funktechnologien wie LTE eine echte Alternative zu kabelgebundenen Lösungen?

Sonja Schaub: Durch seine hohen Übertragungsraten und die kurzen Reaktionszeiten ist LTE ein vollwertiger DSL-Ersatz, der bisherige Breitband-Anschlüsse oft sogar übertrifft.

VDSL-Tarifvergleich.de: Mobilität wird für die moderne Gesellschaft immer wichtiger. Macht das VDSL-Anbindungen, die zwar schnell sind, aber doch sehr ortsgebunden nicht unattraktiv?

Sonja Schaub: Als konvergentes Unternehmen sind wir vom Nebeneinander der mobilen sowie der Festnetzanbindungen überzeugt. Zum Beispiel Angebote wie IPTV benötigen hohe ortsgebundene Bandbreiten.

VDSL-Tarifvergleich.de: Viele Anwendungen wie IPTV oder Web-TV benötigen immer mehr Bandbreite, vor allem wenn es um HDTV-Material geht. Kann „das Netz“ diese enormen Datenmengen überhaupt noch lange aushalten?

Sonja Schaub: Ja. Die Netze sind so konzipiert, dass sie skalierbar sind. Diese Erweiterungen erfordern allerdings Investitionen. Darüber hinaus darf man nicht vergessen, dass eine stetige Evolution im Netzinnern schon jetzt stattfindet.

VDSL-Tarifvergleich.de: Ist die Netzneutralität in Bezug auf gerade diese bandbreitenintensiven Dienste noch haltbar? Oder zahlt der reine E-Mail Nutzer bei ihnen bald weniger als der Youtube-Fan?

Sonja Schaub: In der Diskussion um die Netzneutralität geht es nicht darum, heute angebotene Dienste anders zu bepreisen. Es findet eine notwendige Diskussion im Markt statt, wie die Wettbewerber für den Fall weiter exponentiell steigender Verkehrsmengen dieses Wachstum und kommende Dienste zukünftig stemmen. Netze müssen aufgerüstet werden und die erforderlichen Qualitäten müssen für einen maximalen Kundennutzen sichergestellt werden. Um das zu ermöglichen, ist eine kreative Diskussion sinnvoll, wie der Netzausbau zu finanzieren ist. Ob es zu Veränderungen der heutigen Modelle kommen wird und wie die Zukunft aussieht, kann heute niemand sagen.

VDSL-Tarifvergleich.de: Kleiner Blick in die Zukunft: Was schätzen sie wird sich 2011 in Sachen Breitband tun?

Sonja Schaub: Das Jahr 2011 wird durch den Ausbau und den Vermarktungsstart von LTE geprägt, damit kommt das schnelle Internet auch aufs Land. Dank hoher Geschwindigkeiten können die Kunden auch in diesen Gebieten online Videos sehen, große Datenpakete herunter laden oder Computer-Games spielen. Die Erschließung dieser weißen Flecken ist aber nur der erste Schritt. Sobald die Auflagen der Bundesnetzagentur erfüllt sind, werden wir LTE 800 auch in den Städten anbieten. Schon in wenigen Monaten könnte es so weit sein.

VDSL-Tarifvergleich.de: Frau Schaub, vielen Dank für dieses aufschlussreiche Interview!


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Bildquelle: © Sonja Schaub, Alice, HanseNet

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